Im Frühjahr habe ich mir einen gebrauchten Yamaha SY85 Synthesizer gekauft, da mein Bruder seinen Kawai K1 wieder haben wollte, der seit einiger Zeit bei mir rumstand. Ich brauchte also eine neues Masterkeyboard und machte mit dem SY85 in der Bucht ein veritables Schnäppchen.
Diese Workstation wurde im Jahr 1992 vorgestellt und benutzt die sogenannte sample-basierte AWM2-Synthese, d.h. das Gerät ist eigentlich ein Rompler, mit 6 Mb Sample-ROM, welches 244 Multisamples (“Waveforms” im Yamaha-Diktion) enthält. Dies war einer der ersten Schritte der Abkehr Yamahas von der FM-Synthese. Der größere Bruder SY99 bietet noch eine Kombination von AWM2 und FM-Synthese. Trotzdem ist der SY85 ein sehr vielseitiger Synthesizer, denn er bietet die Möglichkeit, eigene Samples via Diskette (!) oder MIDI SDS zu laden und als Grundlage für neue, eigene Klänge zu nehmen. Das Sample-RAM ist mit 512 Kb zwar nicht gerade üppig ausgestattet, lässt sich aber immerhin auf 8 Mb aufrüsten, allerdings wird das Laden so großer Mengen an Samples ziemlich zum Geduldsspiel. Aber damals verstand man noch etwas davon, mit den begrenzten Ressourcen effektiv umzugehen und so gibt es Dutzende Sounddisketten für den SY85, die ihm mit ein paar neuen Samples ganz neue Soundterritorien erschließen.
Während ich die Kaufentscheidung für den SY85 überdachte, suchte ich nach im Netz verfügbaren Soundbeispielen und musste feststellen, dass das Langzeitgedächtnis des Netzes doch sehr begrenzt ist und viele Seiten über den SY85 inzwischen nicht mehr Online sind, so leider auch die SY Mailingliste und der zugehörige FTP-Server. Selbst bei YouTube gibt es nur sehr wenige Videos mit Sounddemos von unbefriedigender Qualität. Hätte ich damals gewusst, dass der Yamaha TG-500 praktisch die Rack-Version des SY85 ist (minus des Sequenzers und Diskettenlaufwerk aber plus 50 zusätzliche Waveforms), hätten mir die eindrucksvollen Soundbeispiele bei SynthMania zu diesem Modul bestimmt weiter geholfen. Außerdem vermute ich, dass der SY85 in der Trance-Musik der frühen Neunziger Jahre häufig eingesetzt wurde, wenn ich z.B. dem “Thinking About Myself”-Album von Cosmic Baby lausche, meine ich, dort einige SY85 Presets wiedererkennen zu können.
Um anderen die Möglichkeiten dieses m.E. etwas unterbewerteten (und dadurch sehr preiswerten!) Synthesizers zu demonstrieren, habe ich einige der offiziellen Demos von den Yamaha Sounddisketten aufgenommen und vor einigen Wochen auf meinen Webserver hochgeladen. Damit diese leichter auffindbar und bequemer im Browser anzuhören sind, möchte ich die Songs hier alle kurz vorstellen. Auch wenn der Stil der meisten Songs heutzutage nicht mehr ganz up-to-date ist, zeigen sie doch sehr gut die Möglichkeiten die in diesem Gerät stecken und ein wenig 90er Jahre Nostalgie ist doch auch mal ganz nett, oder? ;)
Alle Songs sind nur mit den internen Sounds und Effekten und dem eingebauten Sequenzer erzeugt, die meisten Sounddisks laden noch ein paar Samples in das standard 512 Kb Sample-RAM. Aufgenommen über die Stereo-Outs in eine M-Audio Audiophile 2496 und mit Tracktion 2. Kein EQ und sonstige Mastering-Effekte (außer einem leichten Limiter zum Übersteuerungsschutz). Die Nummern in Klammern zu den Sounddisks beziehen sich auf die Nummerierung der Dateien der Soundisk-Archive aus dem Downloadbereich des Yamaha UK Forums.
Soweit bekannt liegt das Copyright aller Dateien bei der Yamaha Corporation, aber da es sich hier um Demos handelt, gehe ich davon aus, dass es sich bei der Veröffentlichung in diesem Blog um “Fair Use” handelt.
Update: noch mehr Demo Songs gib’ts in Teil II!
Acoustic Piano
Die Piano-Samples können sicher mit heutigen Sample-Monstern nicht mehr mithalten, waren aber für die damalige Zeit hervorragend. Als Bestandteil von Layersounds lassen Sie sich auch heute noch gut verwenden. Gefunden auf der offiziellen italischen Demodisk.
Africa
Nein, nicht der Hit von Toto (David Paich benutzte einen SY99) sondern ein kurzes Ethno-Percussion Demo. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
Afro-Demo
Und noch mal afrikanische Trommelsounds mit ein paar zusätzlichen Samples außergewöhnlicher Instrumente. Gefunden auf der “Afro-Cuban Persussion” Public Domain Sounddisk (PDD-8522).
Big Band
Kurzes beschwingtes Big Band Stück mit Bläsern und Orgel. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
Clean Guitar
Kurzes Gitarren-Picking im Strat-Sound mit Chorus-Effekt. Kann mich als Gitarristen natürlich nicht in die Irre führen, klingt aber trotzdem gut. Gefunden auf der offiziellen italischen Demodisk.
Hardrock
Jetzt wird’s heavy oder das was Keyboarder dafür halten. Überzeugt mich nicht sehr aber der Distorted Guitar Sound ließe sich bestimmt als Lead Sound für ein Power Metal Keyboardsolo verwenden. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
HiptyHop
Ein genialer Hip-Hop Song im Stil der frühen 90er Jahre East Coast Rapper mit vielen Scratch-Einlagen und zusätzlichen Samples. Gefunden auf der “Hip Hop Construction Set” Public Domain Sounddisk (PDD-8523).
Hoe Down
Witziger Bluegrass/Dixie/Country Song mit Banjo, Steelguitar und allem drum und dran. Gefunden auf der “Nashville” Public Domain Sounddisk (PDD-8520).
Johnson
Ein etwa längeres Jazz-Funk-Stück mit viel Fretless- und Slap-Bass und Synth Comping. Gefunden auf einer “Johnson” Demodisk (U.G. 2).
Look East
Asiatisch angehauchter Pop-Song. Verwendet nur Factory Preset Sounds. Gefunden auf der “Look East” Sounddisk (U.G. 7).
Mad World
Typischer Synth Demo Song mit verschiedenen Stilen von Euro Dance über Synth Pop und Latin zu undefinierbar. Gefunden auf der offiziellen (?) europäischen Demodisk.
Orchestra
Kurzes klassischer Orchesterstück im Wagner-Stil. Gefunden auf der offiziellen italienischen Demodisk.
Overture
Kurzes Jazz-Fusion Intro. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
Queen
“Remix” von “I Want It All” von Queen. Mit Samples aus dem Original-Song. Gefunden auf der offiziellen italienischen Demodisk.
R & B
Kurzes Funk / R&B Intro basierend auf “Pick Up The Pieces” von Candy Dulfer. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
Rhodes E-Piano
Kurzes Solo mit einem Rhodes E-Piano Sound. Gefunden auf der offiziellen italienischen Demodisk.
Sax Quartett
Swingendes Saxofon-Quartett Stück. Gefunden auf der offiziellen italienischen Demodisk.
Skool Tek
Abwechslungreiches Techno/Hard-Trance Stück. Mit typischem SY85 Flächen-Sound. Gefunden auf der offiziellen (?) europäischen Demodisk.
Soul Guitar
Up-Tempo Soul Nummer à la James Brown. Überzeugende funky Guitar Vamps und groovige Jazz-Orgel. Gefunden auf der “Soulguitar” Public Domain Sounddisk (PDD-8519).
Sting
Soft Pop à la Sting der “Soul Cages” Ära. Gefunden auf der offiziellen italienischen Demodisk.
SY85 vs CS
Kurzes Synthesizer Intro. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
SYborg
Fröhliches Pop/Funk Stück im typischen Demo-Stil. Gefunden auf der offiziellen amerikanischen Demodisk.
Symphony
Abwechslungsreiches Filmmusik-artiges Stück mit klassischer Instrumentierung. Startet mit einem Flügel-Solo und endet mit einem mäjestätischen Orchesterpart. Gefunden auf der offiziellen japanischen Demodisk.
SYnatey5
Startet als ruhiges Rhythm&Blues Stück und endet als funky Jazz Song. Gefunden auf einer “Johnson” Demodisk (U.G. 2) ist aber auch auf anderen Demodisks zu finden.
SYnergy
Wieder ein typischer Synth-Demo Song, der durch dutzende Stile morpht. Gefunden auf einer unbekannten Demodisk.
Tea 4 Two
Wir laden zum Tanztee und fordern zum ChaChaCha auf. Gefunden auf der offiziellen deutschen Demodisk.
Think 2X
Country-Schlager à la “Wann wird’s mal wieder richtig Sommer”. Nettes Mundharmonika-Solo immerhin. Gefunden auf der offiziellen deutschen Demodisk.
Wean Wean
Jetzt wird’s folkloristisch, wir packen die Quetschkomode aus und treten zum Schuhplattler an. Gefunden auf der offiziellen deutschen Demodisk.
Wonder
Der Musikantenstadl lässt grüßen. Gefunden auf der offiziellen deutschen Demodisk.