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Akai Miniak Nachdem Akai Pro den Miniak Synthesizer, der erst vor gut anderthalb Jahren in die Geschäfte kam, im Sommer 2010 radikal im Preis gesenkt hatte, war ich vor einigen WochenMonaten beim Musicstore in Köln und habe das Teil ausgiebig begutachtet und dann gleich für 299,- EUR mitgenommen. In der Zwischenzeit hatte ich Gelegenheit das Instrument gut kennenzulernen und möchte euch hier über einige meiner praktischen Erfahrungen berichten. Dabei soll es in diesem Text weniger um eine Aufzählung der technischen Spezifikationen des Miniak gehen, die erstens zu 95% denen des Alesis Micron entsprechen und zweitens in zahlreichen Tests der Fachpresse on- und offline nachgelesen werden können (z.B. hier, hier und hier). Vielmehr möchte ich über die vielen kleinen und großen Details berichten, die einem erst bei direktem und längerem Kontakt mit dem Gerät auffallen oder die man ansonsten selten in Tests findet.

Verpackung / Lieferumfang

Schauen wir also erst mal, was alles in dem bunten Karton, in dem der Akai Miniak geliefert wird, drin ist:

  • Miniak
  • Externes Netzteil
  • Schwanenhalsmikrofon
  • Quickstart-Guide
  • Referenzhandbuch
  • Garantiehinweise

Alles ist gut verpackt, das Keyboard ist mit einem langen Styroporstück unter den Tasten arretiert, die zwei Modulationsräder durch Aufstecker aus Karton geschützt und das Display mit einer Schutzfolie beklebt. Leider finde ich keinen Schaumstoff-Ploppschutz für das Mikrofon im Karton. Das Vorführgerät im Musicstore hatte einen aber zum Standardlieferumfang gehört dies wohl nicht. Das Mikro hat aber einen stabilen Metallkorb als Spuckefänger.

Anschluss und Aufstellung

Bei einem Keyboard dieser Größe überrascht es kaum mehr, dass das Netzteil extern ist (9V / 1.4 A), aber wenigstens ist es keine Steckdosen”warze”, sondern die Kabel an beiden Seiten sind lang genug, so dass es nicht zur Drängelei an der Steckdosenleiste kommt. Immerhin gibt es neben dem Netzteilanschluss eine Zugentlastung, unter der man das Kabel einklemmen und vor versehentlichem Herausziehen schützen kann. Dazu muss man allerdings die Zugentlastung mit einem Schraubenzieher erst mal etwas herausdrehen, denn sonst bekommt man das Kabel nicht darunter gefummelt. Nach dem wieder Festschrauben sitzt es allerdings bombenfest. Trotzdem kleiner Abzug in der Haltungsnote, denn das ist einfach unpraktisch.

Das Schwanenhals-Mikrofon wird in einen XLR-Anschluss auf der Oberseite gesteckt, dadurch braucht man ca. 12 cm zusätzlich Platz in der Höhe, das sollte man bedenken, wenn der Miniak auf einem Mehrfachständer Platz finden soll. Man kann aber an diesen Anschluss natürlich auch ein anderes dynamisches Mikrofon anschließen und dies an einem separaten Ständer befestigen. Sowohl die Audioausgänge als auch die MIDI-Buchsen sind sehr schwergängig, d.h. man muss die Stecker mit viel Kraft hinein drücken, sonst sitzen sie nur halb drin und man wundert sich, warum kein Sound ertönt oder kein MIDI-Empfang möglich ist. Die Audioausgänge sind übrigens symmetrisch, d.h. man spart sich beim Anschluss an die PA mit den richtigen Kabeln die DI-Boxen zwischen Keyboard und Mixer, sehr praktisch.

Der Miniak ist im Vergleich zu anderen 37-Tastenkeyboards übrigens recht tief (Maße: 58x28x9 cm), so dass es schwierig ist, eine geeignete Tasche für den Transport zu finden, denn die Taschen in der richtigen Länge von Gewa, Rockbag und anderen gängigen Anbietern sind nicht breit genug. Ich habe aber vor einigen Wochen einen Effekt Pedal Bag von Thomann gekauft, in den der Miniak gerade so in der Länge hinein passt, obwohl die Tasche nominal nur 55 cm Innenlänge hat. Dies ist eine günstige Alternative, in der sich der Synth gut zu Fuß transportieren lässt. Allerdings ist der Miniak mit über 5 Kilo kein Leichtgewicht unter den VAs mit 37er Keyboard.

Die Bedienung

Sounds auswählen

Was vielen Benutzern des Ion, micron oder Miniak zunächst offensichtlich Schwierigkeiten macht, ist das eigenwillige Konzept der Programmspeicherplätze. Und zwar gibt es nicht wie üblicherweise mehrere Bänke mit einer festen Anzahl von nummerierten Speicherplätzen, sondern jeder Sound wird alleine über seinen Namen aus maximal 14-Zeichen identifiziert und ist einer von neun festen Kategorien zugeordnet. Man wählt eine Kategorie durch Drücken und Halten der PROGRAM-Taste und einer weißen Taste auf der linken Seite der Tastatur, die über der Tastatur entsprechend beschriftet sind, und scrollt dann durch die einzelnen, alphabetisch geordneten Programme innerhalb der Kategorie mit dem DATA-Regler. Damit man seine besten Sounds schnell findet, kann man Programme zusätzlich der “FAVES”-Kategorie zuordnen, die sich ansonsten wie eine normale Kategorie verhält. Außerdem findet man die letzten zehn Sounds, die man angespielt hat, auch in der “RECENT”-Kategorie. Schließlich gibt es noch die “ALL”-Kategorie, in der man alle Sounds von vorne bis hinten durchleiern kann.

Dieses Konzept finde ich eigentlich sehr gut und als Computer-Freak auch sofort einleuchtend (denn es entspricht einer 2-Ebenen Dateisystemstrukur mit den Kategorien als Ordnern). Leider gibt es wirklich nur die alphabetische Sortierung. Ich hätte mir zumindest noch eine Sortierung nach letztem Änderungszeitpunkt gewünscht. Wenn man nämlich mehrere einzelne Sounds per Sysex-Dump auf den Miniak hoch lädt, werden deren Namen nur ganz kurz der Reihe nach auf dem Display angezeigt, man sollte also die Programmnamen kennen, um sie danach auch wieder zu finden. Denn die Programmnamen entsprechen ja nicht unbedingt dem Dateinamen der Sysex-Datei und es können auch mehrere Patches in einer Datei zusammengefasst sein.

Ein deutlicher Vorteil des Konzept ist aber, dass man sich beim Speichern von Sounds keine darüber Gedanken machen muss, auf welchen Speicherplatz man den Sound ablegt und ob man dabei eventuell einen vorhandenen Sound überschreibt. Man benennt den Sound vor dem Speichern einfach um und speichert ihn als als eine Kopie, analog zu der “Speichern unter…” Funktion von Computer-Programmen. Beim Import von Programmen über Sysex-Dumps muss man allerdings aufpassen, denn Programme mit gleichem Namen werden ohne Rückfrage überschrieben! Programme mit neuen Namen werden einfach, sofern noch Speicherplatz vorhanden ist, den vorhandenen Programmen hinzugefügt und müssen bei Nichtgefallen manuell wieder gelöscht werden.

Tastatur und Controller

Die Tastatur gefällt mir recht gut, sie ist sehr straff und auf jeden Fall weit weniger schlabberig als die des Alesis Micron. Weiterhin ist mir aufgefallen, dass die Tastatur des Miniak Release Velocity sendet. Aftertouch steht zwar als Modulationsquelle in der Synth-Engine zur Verfügung und kann über externe Keyboards genutzt werden, die eingebaute Tastatur unterstützt dies aber nicht. Anscheinend war beides beim Ion und Micron auch schon so. Als Ausgleich für den fehlenden Aftertouch hat der Miniak statt den zwei horizontalen Schiebereglern des Micron zwei richtige Modulationsräder, welche dieselbe Form wie das Pitchwheel haben. Alle drei Rädern haben, wie ich finde ein hervorragendes Handling, den sie sind schön groß, nicht zu leicht- und nicht zu schwergängig und durch die Gummibeschichtung sehr griffig. Ich wünschte, alle meine Keyboards hätten so gute Wheelcontroller. Das besondere an Modwheel zwei ist, dass es immer Aftertouch (Channel Pressure) Daten über MIDI sendet. Gleichzeitig reagiert jede Modulation, der dieses Modwheel als Modulationsquelle zugewiesen ist, auch auf eingehende Aftertouch-Daten. Dies muss man u.U. bei der Programmierung der Sounds beachten. Aber dazu mehr in Teil 2 diese Reviews.

Die drei Drehregler neben den Modulationsrädern, “X/Y/Z-Knobs” genannt, können beliebigen Soundparametern als Modulationsquelle zugewiesen werden. Es handelt sich um absolute Enkoder, d.h. sie haben einen endlichen Regelweg. Allerdings reagieren sie dynamisch auf die Drehgeschwindigkeit, d.h. wenn man schneller dreht, ändern sich die Werte in größeren Intervallen, wenn man langsamer dreht, kann man Parameteränderungen in kleinen Schritten durchführen. Allerdings finde ich es in der Praxis oft schwierig einen spezifischen Wert auszuwählen, da die Regler oft erst nach einem gewissen Regelweg verzögert reagieren und dann mehrere Werte überspringen. Man sollte sie daher lieber für Einstellungen benutzen, bei denen es auf den genauen Wert nicht so sehr ankommt, also z.B. die oft gebrauchten Parameter Filter-Cutoff, Resonanz und z.B. Effekt-Mix oder Programm-Volume. Etwas störend finde ich, dass jede Werteveränderung über die X/Y/Z-Regler das aktuelle Programm als verändert markiert und die entsprechende Änderung beim nächsten Speichern des Programms mit abgespeichert wird. Die Änderungen bleiben auch erhalten, wenn man, ohne zu Speichern, das Programm wechselt, solange bis man eine anderes Programm editiert. Dieses Verhalten ist zwar hilfreich und sinnvoll, wenn man Sounds programmiert, da man so mehrere Parameter gleichzeitig bearbeiten kann, indem man sie auf die X/Y/Z-Regler legt. Im normalen Spielbetrieb kann es aber leicht vorkommen, dass man damit unbeabsichtigt Änderungen am Sound abspeichert wenn man die X/Y/Z-Regler benutzt hat und dann auf den STORE-Knopf drückt, der gefährlich nahe beim DATA-Regler platziert ist. Es wäre schön, wenn man dieses Verhalten temporär abschalten könnte und die X/Y/Z-Regler dann als reine Modulations-Controller funktionieren würden.

Die Sounds

Die Presets des Miniak sind, abgesehen von der geänderten Hardware, der Hauptunterschied zum Micron. Der Gesamteindruck ist etwas durchwachsen. Gut finde ich, dass die üblichen Standardsounds da sind, denn bei diesen kann man gleich nachschauen, mit welchen Parametern diese auf der Ion/Micron/Miniak-Soundengine realisiert werden und man hat bereits gute Vorlagen für eigene Anpassungen. Bei dem in vielen Dingen vergleichbaren VA Waldorf Blofeld gab es ja viel Kritik, dass er solche Standards überhaupt nicht in den Presets bietet, obwohl er durchaus dazu fähig wäre. Man kann beim Miniak also oft direkt loslegen mit dem Spielen und gerade die Multis bieten Instant Fun mit komplexen Setups für die Stile Elektro, Techno, Disco, EBM usw. Auch die Bässe und Leads, sowie teilweise die analogen Strings, haben mir gut gefallen, sie zeigen gut, dass die analoge Emulation eine Stärke des Miniak ist. Relativ langweilig fand ich dagegen die Pads (wenn auch im eigentlichen Sinne als “Füllmaterial” brauchbar) und die Brassklänge meist unbrauchbar. Da man aber ohne weiteres Sounds für den Ion und den Micron via Sysex-Dateien in den Miniak laden kann, findet man im Netz genügend Material, um den Presethunger zu stillen. Dabei ist besonders die Files-Sektion der alesis-ion Yahoo Group eine wahre Schatzgrube.

Durch die beschränkte Auswahl an Grundwellenformen bedarf es einiger Kreativität um mit dem Miniak komplexe, bewegte Pads, wie sie mit den Wavetables von Waldorf-Synthesizern oder gar  Wavesequenzing à la Korg Wavestation leicht möglich sind, zu programmieren. Immerhin bietet der Miniak aber viele Modulationsmöglichkeiten und alle Wellenformen haben einen Shaping-Parameter, mit dem sich in Grenzen am Obertongehalt des Oszillatoren-Outputs schrauben lässt. Auch wenn die Filterauswahl sehr umfangreich ist, fehlen einige nützliche Filtermodelle, insbesondere gibt es keinen Kerbfilter (auch als Notch-Filter bekannt) oder irgendwelche Algorithmen, um digitalen Noise hinzuzufügen. Die Soundengine des Miniak ist offensichtlich hauptsächlich darauf ausgerichtet, gute Simulationen klassischer analoger Sounds zu ermöglichen, und dies leistet der Miniak mit Bravour. Mehr zu den Möglichkeiten der Sound-Engine (und die sind sehr umfangreich) im zweiten Teil.

Audio-Demo

Vor einiger Zeit schon habe ich eines abends einen kurzen Demosong mit dem Miniak gebastelt:

Alle Sounds stammen vom Miniak, außer dem CS-80 mäßigen Brass/Bass, dieser kommt vom alt-ehrwürdigen Waldorf microWave II (auch ein frischer Neuzugang bei mir). Ich habe nur Presets und ein paar Sounds, die ich von der Alesis-Ion Yahoo Gruppe runter geladen habe, verwendet und nur hier und da die Effekt- oder Hüllkurvenparameter angepasst.

Das Ganze ist mit einem BOSS BR-600 Digital Recorder Spur für Spur aufgenommen, insgesamt sind es so um die 10 Stereospuren, plus ein paar Mono-Overdubs. Es wurde also kein externer Sequenzer benutzt, daher ist das Timing auch manchmal nicht ganz astrein. Für den 16-tel Arpeggiolauf am Schluss habe ich allerdings den Patternsequenzer des Miniak verwendet, so flink bin ich nicht mit den Wurstfingern! Am Ende habe ich den Downmix noch durch die Masteringsektion des BR-600 gejagt, exportiert, und mit Audacity geschnitten und als MP3 und Ogg Vorbis exportiert.

Zwischenfazit

Der Miniak hat sich bei mir in letzter Zeit zu einem meiner Lieblingsgeräte gemausert. Die Möglichkeiten der Sound-Engine laden zur Soundprogrammierung ein, auch wenn das Interface dazu sehr reduziert ist. Ich bin aber bei Benutzung des DATA-Reglers und der Auswahl der Parameter über die Tastatur inzwischen recht fix. Man merkt, dass die Ion/micron/Miniak-Reihe von jemand entworfen wurde, dem Konsistenz manchmal über Zugänglichkeit ging, doch mir als Programmierer liegt das, ich mag es, wenn die Dinge logisch strukturiert sind.

Viele Features des Miniak richten sich aber offensichtlich an Live-Performer, so die gute Tastatur, das mitgelieferte Mikrofon, die sinnvoll einsetzbaren Controller und die hier noch gar nicht angesprochenen Möglichkeiten für Multi-Setups. Der Miniak ist robust gebaut und macht das, was er kann, sehr gut. Dafür sind bei der Einbindung in Computer-Setups Nachteile in Kauf zu nehmen: die fehlende USB-Schnittstelle bedingt, dass man ein MIDI-Interface für den Computer braucht und dass Sounds nur per Sysex-Dump in den Miniak geladen werden können (was viele Benutzer offensichtlich heutzutage schon überfordert!).

Im zweiten Teil des Reviews, der hoffentlich in einigen Tagen erscheint, will ich mit den Möglichkeiten der Sound-Engine des Miniaks beschäftigen und einige der Sounds, die ich bisher programmiert habe, vorstellen.